Praxis für traditionelle chinesische & japanische Medizin im Glockenbachviertel

Wege entsehen dadurch, dass man sie geht.
Franz Kafka

    
   

Lein (Linum usitatissimum)

Wer kennt sie nicht, die kleinen, braunen, glänzenden Früchte des Leins, den Leinsamen (Linum usitatissimum)? Er wird in großen und kleinen Tüten in vielen Geschäften angeboten und ist Bestandteil vieler Backwaren. Auf der Höhe des Hypes um die aus Südamerika stammenden Chiasamen, betonten nicht Wenige, dass der Leinsamen diesen in seiner Wirkung nicht nachsteht.

Das gesamte Erscheinungsbild der ganze Pflanze ist eher zart. An dünnen, bis zu einem Meter hohen Ästchen, wachsen die kleinen, fast unscheinbaren Blättchen und im Frühsommer die dünnen, schmal zulaufenden, länglichen, weißen bis hellblauen oder lilafarbenen Blüten.

Später hängen dann die eiförmigen Leinsamen in einer kugeligen Fruchtkapsel an der Pflanze. In jeder Kapsel befinden sich in der Regel acht bis zehn Samen.

Legenden und Historisches rund um den Lein

Schon in der Steinzeit nutzte man die Fasern des Leins zur Herstellung von Stoffen. man fertigte Kleidung daraus, aber auch Segel oder Schutzkleidung für den Kampf. Daran erinnert heute noch der Name, denn das lateinische Wort "linum", das Lein oder Flachs bedeutet ist verbunden mit dem Zusatz "usitatissimum" - der Steigerungsform des lateinischen Wortes für gebräuchlich "usitatus".

Die Leinblüte symbolisierte im alten Ägypten die göttliche Reinheit. Sie war der Göttin Isis geweiht, Göttin der (Wieder-)Geburt und der Magie. Bei den Germanen gehörte der Lein zur Göttin Frigg oder Freya, die den Menschen den Anbau, das Spinnen und Weben beibrachte. Als Heilpflanze wird der Lein schon seit der Antike genutzt.

Mögliche Wirkungen von Leinsamen (Lini semen) und Leinöl (Lini oleum)

Die Samen enthalten unter anderem Schleimstoffe, weswegen sie vor allem als Mittel gegen Verstopfung (Obstipation) bzw. zum Aufweichen des Stuhls bekannt sind. Dieser Schleim schützt und befeuchtet alle Schleimhäute, so dass er auch zur Linderung einer Gastritis, bei Sodbrennen, Reizdarm oder einer Divertikulits eingesetzt werden kann. In der chinesischen Medizin gilt es aufgrund seiner befeuchtenden Wirkung als kühlendes Yin-Tonikum, das auch bei Hitzewallungen oder Hauterkrankungen mit Trockenheit eingesetzt werden kann. Sofern medizinische Gründe nicht dagegen sprechen, können die Samen unverarbeitet verwendet werden. Allerdings benötigen sie zum Aufquellen im Magen-Darm-Trakt viel Flüssigkeit, die dazu getrunken werden muss. Sonst erreicht man mit dem Verzehr von Leinsamen das Gegenteil und verstärkt eine bestehende Verstopfung. Patienten mit einer Neigung zu Divertikulitis sollten die Samenschalen jedoch nicht mit verzehren, damit sie sich in den Aussackungen des Darms nicht festsetzen und dort zu Reizungen führen. Dies könnte Entzündungen nach sich ziehen.

Am besten lässt man 2-3 Esslöffel Leinsamen über Nacht in ca. 600 bis 700 ml kaltem Wasser quellen. Am nächsten Morgen kocht man das Mazerat kurz auf und gibt es dann durch ein Sieb. Man erhält einen dickflüssigen Auszug, den man über den Tag verteilt trinken kann. Eilige können den Leinsamen auch lediglich eine halbe bis zwei Stunden in kaltem Wasser quellen lassen.

Außerdem können die verbliebenen Samen für warme Umschläge genutzt werden. Am unteren Rand des Siebs sammelt sich ebenfalls kostbarer Schleim, der äußerlich auf trockene, gereizte Haut aufgetragen werden kann.

Neben den Samen (Lini semen) wird auch das aus ihnen gewonnene fette Öl, das Leinöl (Lini oleum), aufgrund seines Gehalts an mehrfach ungesättigten Fettsäuren sehr geschätzt wird. Beliebt ist seine innerliche Anwendung zur Versorgung mit diesen begehrten Fettsäuren, aber auch äußerlich kann das Öl zur Befeuchtung der Haut wertvolle Dienste leisten. Allerdings wird es sehr schnell ranzig, was man daran erkennt, dass es bitter schmeckt. Deshalb empfiehlt sich gegebenenfalls der direkte Bezug des frisch gepressten Öls von einer Ölmühle. Fischöl ist jedoch ein noch besserer Lieferant für Omega-3-Fettsäuren.

Auf Leinsamen unbedingt verzichten müssen Patienten mit starken Bauchschmerzen, die von Übelkeit und Erbrechen begleitet werden (Verdacht auf Darmverschluss), bei einer Verengung der Speiseröhre bzw. im Magen-Darm-Trakt. Ebenso müssen Patienten mit akuten entzündlichen Darmerkrankungen, Erkrankungen der Speiseröhre oder des Mageneingangs darauf verzichten. Da er die Aufnahme von Arzneistoffe beeinträchtigen kann, sollten etwa zwei Stunden Abstand zur Medikamenteneinnahme eingehalten werden.

Kinder und Jugendliche jeden Alters, Schwangere und stillende Mütter sollten Arzneipflanzen nur nach Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt anwenden und auch die Dosierung mit ihm absprechen.

Quellen:
https://arzneipflanzenlexikon.info
https://www.ema.europa.eu
https://www.therapeutika.ch
https://www.phytodoc.de
https://www.heilpflanzen-atlas.de 
• S. Bäumler. Heilpflanzenpraxis heute. München 2007

 

Bitte beachten Sie: Diese Behandlungen mit Kräutern gehören zu den wissenschaftlich / schulmedizinisch nicht anerkannten – den sogenannten naturheilkundlichen oder alternativmedizinischen - Heilverfahren. Bei anhaltenden oder zunehmenden Beschwerden sowie bezüglich möglicher Wechselwirkungen mit Medikamenten sprechen Sie bitte mit Ihrem behandelnden Arzt!