Praxis für traditionelle chinesische & japanische Medizin im Glockenbachviertel

Wege entsehen dadurch, dass man sie geht.
Franz Kafka

    
   

Mistel (Viscum album)

Hoch oben in den Baumkronen wächst sie, die Mistel, und blüht auf der Nordhalbkugel dann wenn ihr Baum sein Laub abgeworfen hat – ab Januar bis zum Frühjahrsanfang auf der Nordhalbkugel. Sie ist ein langsam vor allem auf Laubbäumen, aber auch auf Tannen und Kiedern aus ihrer Mitte heraus in alle Richtungen wachender immergrüner Halbschmarotzer. Damit verhält sie sich ganz anders als alle am Boden wachsenden Pflanzen, die entweder gegen die Schwerkraft aufrecht empor streben oder am Boden entlang kriechen. Sie nimmt sich von ihrem Wirt nur Wasser und Mineralstoffe, betreibt jedoch selbst Photosynthese. So leidet ihr Baum unter der Mistel nicht sonderlich.

Pro Jahr wächst ein Stängel aus den verschiedenen Knoten mit nur einem ledrigen, lanzettförmigem, mehrjährigem Blattpaar mit einem Kurztrieb, an dessen Ende sich im Folgejahr die unauffällige Blüte öffnet. Von hier gabelt sich die Sprossachse später erneut. Auf der Südhalbkugel blüht sie übrigens ebenfalls von Januar bis etwas April. Den weiblichen Blüten folgen weiße Scheinbeeren. Die Samen breiten sich über den Vogelkot von Baum zu Baum aus. Darauf verweist auch der deutsche Name Mistel, dessen mit dem Begriff „Mist“ (Vogelmist) verwandt ist. Nach dem Keimen des Samens, bildet sich eine Haftscheibe (Haustorium). Anschließend wachsen Senker in den Baum hinein. Erst wenn die Verbindung zum Baum so stabil ist, dass die Versorgung mit Wasser und Mineralstoffen gewährleistet ist, beginnt die Mistel zu sprießen.

Der botanische Name „Viscum album“ bedeutet dagegen weißer Leim und erinnert daran, dass man früher mit den Beeren Leim herstellte, den man auf Ruten aufbrachte, um Singvögel als kulinarische Delikatesse zu fangen. Manch einer hängt auch heute noch Mistelzweige in der Weihnachtszeit an die Haustür, nicht jeder weiß allerdings, dass dieser Brauch einst dazu diente Dämonen abzuweisen.

Legenden und Historisches rund um die Mistel

In der germanischen Mythologie hatte die Mistel eine relevante Bedeutung im Zusammenhang mit dem Tod Baldurs, dem friedlichen Sohn von Frigg und Odin. Nachdem Baldur von seinem Tod geträumt hatte, ging seine Mutter zu allen Pflanzen, Tieren und allen anderen Dingen und ließ sie unter Eid zusichern, dass sie Baldur kein Leid zufügen. Nur die damals noch junge Mistel musste diesen Eid nicht ablegen. Die Asen, die nordischen Götter, bewarfen den scheinbar unverletzlichen Baldur nun mit Steinen und Speeren, ohne ihn zu verletzen. Die Unheilbringerin Loki war jedoch neidisch und gab dem blinden Hod oder Hödur, einem Bruder von Baldur, einen Mistelzweig, damit er damit auf seinen Bruder schoss. Kaum getroffen, sackte Baldur tot zusammen, ohne dass die fassungslosen Götter ihn aus der Unterwelt zurückholen konnten.

Obwohl die Mistel den Ruf hatte, mit den Mächten des Bösen in Verbindung zu stehen, wurde sie auch gegen diese eingesetzt. So sollte etwa ein Amulett der Mistel vor Hexen, Dämonen und Alpträumen effektiv schützen. Hexen bändigte man, indem man einen Mistelkranz um Bäume wickelte. Die Hexe konnte dann den Baum nicht verlassen. Mistelzweige im Haus schützten vor Unglück und Dieben. Außerdem dienten sie als Blitzableiter. Nächtigte das Nachtgespenst, der sogenannte Alp, auf einem Baum, wuchs dort – so die frühere Annahme – die Mistel.

Zugleich war die immergrüne Mistel ein Symbol für die Wiederkehr des Frühlings und für Fruchtbarkeit. Brautpaare küssten sich deshalb unter der Mistel. Gegen nachlassende Potenz gab es früher eine Mistelsalbe. Sie hatte zudem nahezu prophetische Kräfte: Wenn ein Mädchen eine Mistel auf einem Apfelbaum fand, nahm man an, dass sie bald heiraten würde. Die Kelten verehrten die Pflanzen, auf denen eine Mistel wuchs. Sie gingen bei zunehmendem Mond vor allem zu Eichen, auf denen Misteln wuchsen, um dort zu beten. Da die Mistel so hoch oben, in den Bäumen wuchs, konnte sie nur mit Hilfe der Götter dorthin gelangt sein. Somit musste jeder, der eine Mistel bei sich trug, besondere Kräfte haben.

Mögliche Wirkungen der Mistel

Die Misteltherapie wird von anthroposophischen Ärzten bei Krebserkrankungen angeboten und sollte auch nur von ihnen durchgeführt werden. Je nachdem von welchem Baum die Mistel stammt, eignet sie sich dieser Erfahrungsmedizin zu Folge zur Behandlung bestimmter Tumore. Wissenschaftlich ist Behandlung noch nicht anerkannt worden. Die Misteltherapie darf nicht im Falle einer Überempfindlichkeit gegen Eiweiße oder bei chronisch fortschreitenden Infektionen wie einer Tuberkulose oder HIV angewendet werden. Ebenso sind akute, entzündliche fieberhafte Erkrankungen eine Gegenanzeige sowie Schwangerschaft und Stillzeit.

Die Mistel gehört in der chinesischen Medizin zu den Hitze kühlenden Pflanzen. Hitze zerstreut die Energie von Innen nach Außen in alle Richtungen. Analog wäächst die Mistel aus ihrer Mitte heraus in alle Richtungen gleichermaßen. Hier zeigt sich eine Parallele. Hoch oben auf den Bäumen wächst sie scheinbar mit großer Ruhe und Leichtigkeit heran. Diese Ruhe und Leichtigkeit kann sie auf Menschen übertragen, die nach den Vorstellungen der TCM zu Hitze neigen. Dabei bewegt sie das Qi, tonisiert das Yin, das durch die Hitze oftmals stark verbraucht wird, senkt das Yang ab und beruhigt den Wind.

Mögliche Nebenwirkungen einer Misteltherapie sind Schüttelfrost, Fieber, Kopfschmerzen, Brustschmerzen in Folge einer Minderdurchblutung der Herzkranzgefäße, Kreislaufstörungen und allergische Reaktionen. Außerdem können Reizungen der Venen auftreten sowie subkutane Knoten am Injektionsort. Ferner wurden Lymphknotenschwellungen und Hirndruckerhöhung bei Patienten von Hirn- und Rückenmarkstumoren berichtet.

Ausführliche Informationen hierzu finden Sie unter
    • https://www.krebsinformationsdienst.de
    • http://www.mistel-therapie.de
    • https://arzneipflanzenlexikon.info/mistel.php

Weitere Quellen
https://www.walaarzneimittel.de
• S. Bäumler, Heilpflanzenpraxis heute. München 2007
 

Bitte beachten Sie: Diese Behandlungen mit Kräutern gehören zu den wissenschaftlich / schulmedizinisch nicht anerkannten – den sogenannten naturheilkundlichen oder alternativmedizinischen - Heilverfahren. Bei anhaltenden oder zunehmenden Beschwerden sowie bezüglich möglicher Wechselwirkungen mit Medikamenten sprechen Sie bitte mit Ihrem behandelnden Arzt!