Praxis für traditionelle chinesische & japanische Medizin im Glockenbachviertel

Wege entsehen dadurch, dass man sie geht.
Franz Kafka

    
   

Schachtelhalm (Equisetum arvense)

Der Schachtelhalm oder Ackerschachtelhalm (Equisetum arvense)  gehört wie die Birke, die Kiefer und die Weide zu den ältesten Pflanzen dieser Erde. Daran, dass er einst deutlich höher wuchs - bis zu dreißig Meter -, erinnert heute noch seine lange Wurzel, die bis zwei Meter tief ins Erdreich eindringen kann. Heute werden die quirlig verzweigten Sprossen nur noch fünfzig Zentimeter hoch, bleiben aber hartnäckig dort, wo sie sich angesiedelt haben, da die Wurzeln unterirdisch verzweigen und neue Sprossen hervorbringen. An diesen Verweigungen befindet sich ein Ring aus miteinander verwachsenen, spitz zulaufenden Blättchen. Sie vermitteln den Eindruck als wären die jeweils übereinander liegenden Sprossabschnitte in einander gesteckt wie Schachteln. Daher der Name Schachtelhalm.

Dieser unfruchtbare Spross zeigt sich jedoch erst im Sommer. Im Frühjahr spriest zuerst ein unverzweigter fertiler Spross.An seinem oberen Ende befindet sich ein zapfenähnlicher, brauner Sporophyllstand - mit ungeübtem Blick könnte man meinen, es handle sich um einen Pilz. Er trägt die Sporen, die zur Verbreitung des Schachtelhalms beitragen, und stirbt ab, bevor der verzweigte Spross wächst.

Die Gattung erhielt ihren Namen Equisetum, weil der innen hohle Schachtelhalm den Borstenhaaren der Nackenmähne von Pferden ähnelt - "seta" ist das lateinische Wort für Borste, "equus" ist das Pferd.

Legenden und Historisches rund um den Schachtelhalm

Der Schachtelhalm spielte eine wichtige Rolle in der griechischen Mythologie, nachdem die Menschen erschaffen worden waren. Denn Zeus gönnte den Menschen weder Licht noch Wärme. Hintergrund war eine List des Prometheus, einem Titanen und Beschützer der Menschheit. Er überließ Zeus von einem Tieropfer nur die wertlosen Teile und behielt das genießbare Fleisch für die Menschen. Doch Prometheus setzte sich über Zeus hinweg. Er entzündete einen langen Schachtelhalm am Sonnenwagen von Helios, dem Sonnengott und brachte auf diese Weise den Menschen nicht nur den Schachtelhalm, sondern auch das Feuer. Dementsprechen wurde er im antiken Griechenland verehrt.

Prometheu hatte allerdings bekanntlich mit dieser Tat den Bogen überspannt. Der erzürnte Zeus ließ ihn in der Einöde des Kaukasusgebirges an einen Felsen fesseln. Regelmäßig besuchte ihn dort ein Adler, um von seiner Leber zu fressen, die sich jedoch stets erneuerte. Herakles erlöste Prometheus schließlich und erschoss den Adler mit einem Pfeil. Letztendlich wurde Prometheus sogar von Zeus begnadigt, der ihm seine Freiheit zurückgab.

Eine andere Bezeichnung für den Ackerschachtelhalm lautet übrigens Zinnkraut, da man ihn früher aufgrund seines hohen Gehalts an Kieselsäure zum Putzen von Zinn verwendet hat.

Mögliche Wirkungen des Schachtelhalms (Equiseti herba)

Schachtelhalm wird unter anderem aufgrund seines Gehalts an Kieselsäure und deren Salzen geschätzt. In der TCM gilt er daher als Nieren- und Lungen-Qi und -Yin-Tonikum. Die Lunge ist das Yin-Organ der Wandlungsphase Metall. Aufgrund des klar strukturierten Aufbaus des Schwachtelhalms geht man davon aus, dass sich dies von der Pflanze auf den Menschen übertragen kann. Dabei kann Schachtelhalm sowohl Struktur geben, wo sie fehlt, aber auch ein Übermaß an Struktur lockern. Die Fähigkeit zur Ordnung und Struktur ist eine Eigenschaft der Wandlungsphase Metall. Sie sind idealerweise im rechten Maß vorhanden. Ein Übermaß an Struktur und Ordnung führt zur Erstarrung und ist daher aus Sicht der chinesischen Medizin ebenso behandlungsbedürftig wie deren Mangel.

Schachtelhalm stärkt das Bindegewebe und die Knochen. Letztere gehören zur Wandlungsphase Wasser, deren Yin-Organ die Niere und Yang-Organ die Blase sind. Er erhöht die Harnmenge und kann daher zum Durchspülen der Harnwege und zur Behandlung von Ödemen nach Verletzungen verwendet werden. Dies bezeichnet man in der chinesischen Medizin als Ausleiten von Feuchtigkeit und Nässe. Für einen Tee für einen Erwachsenen sollte ein Esslöffel des Krauts über Nacht in etwa 500 ml kaltem Wasser ziehen, bevor es am folgenden Morgen ausgekocht wird. Alternativ kann man es mit Wasser überbrühen und 10 Minuten auskochen und weitere 15 Minuten ziehen lassen. Der Tee kann in einer Thermoskanne aufbewahrt und über den Tag verteilt getrunken werden. Zusätzlich sollte man reichlich Wasser trinken.

Auch eine Behandlung oberflächlicher Wunden ist möglich. Für Spülungen, Bäder und Umschläge werden 10 g des Krauts mit einem Liter Wasser ausgekocht.

Mögliche Nebenwirkungen sind Beschwerden im Magen. Patienten mit eingeschränkter Tätigkeit von Herz oder Niere sollten auf Schachtelhalm verzichten. Die Wirkung von entwässernd wirkenden Arzneistoffen wie ACE-Hemmern, Sartanen oder Diuretika sowie von Blutdrucksenkern kann verstärkt werden. Darüber hinaus können Wechselwirkungen mit weiteren Medikamenten, insbesondere mit der hochaktiven antiretroviralen Therapie von HIV-Patienten nicht ausgeschlossen werden.

Kinder und Jugendliche jeden Alters, Schwangere und stillende Mütter sollten Arzneipflanzen nur nach Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt anwenden und auch die Dosierung mit ihm absprechen.

Quellen:
http://www.arzneipflanzenlexikon.info
http://www.ema.europa.eu
https://www.therapeutika.ch
https://www.heilpflanzen-atlas.de
https://www.phytodoc.de

• Kalbermatten R. u. H. Pflanzliche Urtinkturen. Baden und München 2011

Bitte beachten Sie: Diese Behandlungen mit Kräutern gehören zu den wissenschaftlich / schulmedizinisch nicht anerkannten – den sogenannten naturheilkundlichen oder alternativmedizinischen - Heilverfahren. Bei anhaltenden oder zunehmenden Beschwerden sowie bezüglich möglicher Wechselwirkungen mit Medikamenten sprechen Sie bitte mit Ihrem behandelnden Arzt!