Praxis für traditionelle chinesische & japanische Medizin im Glockenbachviertel

Wege entsehen dadurch, dass man sie geht.
Franz Kafka

    
   

Wacholder (Juniperus communis)

Der bis zu achthundert Jahre alt werdende Wacholder (Juniperus communis) wächst auf der Nordhalbkugel in gemäßigten Zonen auf nährstoffarmen, trockenen Böden in sonnigen Lagen. Gleichzeitig erträgt er den Frost. Es sind ca. sechzig verschiedene Wacholderarten bekannt, doch in Europa gedeihen davon nur zwei. Einst galt er als „Wachhalter“, sein Name leitet sich vom althochdeutschen Wort „Weckholder“ ab. Zu Hause und auf Friedhöfen sollte er allerdings die bösen Geister fern halten. Zugleich sollten sich die Verstorbenen im Wacholder vor einer Reise in die Unterwelt verbergen können. Er gehört zur Familie der Zypressengewächse (Cupressaceae) und gedeiht zu einem immergrünen Strauch oder Baum von bis zu acht Meter Höhe.

Seine faserige, rissige Borke ist rötlich-grau bis braun. Er bildet eine schmale, ovale Krone, da er vom Grund des Stammes an verzweigt ist. Die Zweige sind drei- bis vierkantig. Die graugrünen, stechenden Nadeln stehen zu dritt in Quirlen. In ihrer Mitte haben sie einen charakteristischen weißen Wachsstreifen. Werden die weiblichen Blüten durch den Wind bestäubt, bilden sich grüne Beerenzapfen, die erst im dritten Jahr zur den bläulich-schwarzen Beeren heranreifen. Sie entwickeln sich aus den miteinander verwachsenden Samenschuppen, die die Samenanlage umhüllen und mit der Zeit fleischig werden. Insofern sind die Wacholderbeeren Scheinbeeren.

Legenden und Historisches rund um den Wacholder

Wie der Holunder, war der Wacholder eine Pflanze, die man verehrte, vor dem man gar in die Knie ging. Der Wacholder galt als Symbol für Lebenskraft, da er einerseits sehr alt wird und andererseits viele Früchte unterschiedlichen Reifegrads an seine Ästen vereint. Klar, dass man unter diesen Voraussetzungen nicht ohne Wacholderbeeren auf dem Hut auf Wanderschaft ging!

Dabei wurde den spitzen Nadeln des Wacholders gleichermaßen eine schützende Wirkung vor Hexen und dem Teufel sowie anderen Dämonen nachgesagt. Deshalb rührte man in Bayern etwa die Butter nur mit einem Stab aus Wacholderholz. So konnten die Hexen die Butter nicht verderben. In Nordeutschland verwendeten Hebammen dagegen den Wacholder zum Räuchern, wenn ein Neugeborenes nicht aufhörte zu schreien. In vielen Gebieten wurden auch die Ställe mit Wacholder ausgeräuchert, um die bösen Geister fern zu halten. Bei den alten Griechen wurde der Wacholder mit der heilkundigen Hekate, die auch die Frauen im Wochenbett beschützte, in Verbindung gebracht. Als Tochter der Nacht wanderte sie in der Unterwelt zwischen den Seelen der Toten umher. Sie regelte die Übergänge und Verwandlungen. Darauf bezieht sich ein Märchen der Gebrüder Grimm über den Machandelbaum, einem anderen Namen des Wacholders, das Ähnlichkeiten mit der Geschichte vom Schneewitchen hat.

Auch hier wünscht sich eine kinderlose Frau als sie sich im Winter in den Finger schneidet "ein Kind so weiß wie Schnee und so rot wie Blut". Neun Monate später bringt sie einen Sohn zur Welt, stirbt jedoch bei seiner Geburt. Auf ihren Wunsch wird sie unter dem Machandel bestattet. Es kommt wie es kommen muss, der Vater heiratet wieder und die Stiefmutter hasst den Jungen, dem sie den Kopf abschläg. Sie serviert ihren Sohn als Suppe und erzählt ihrem Mann, sein Sohn sei weggelaufen. Doch die Halbschwester, Tochter der zweiten Frau und des Vaters, hatte alles beobachtet, sammelte die Knochen ihres Bruders und legte sie zu denen seiner Mutter unter den Machandelbaum. Doch die Knochen verschwinden als ihr Halbbruder in Gestalt eines Vogels aus dem Baum fliegt. Dieser bekommt von einem Goldschmied für seinen schönen Gesang eine Goldkette und vom Schuster ein Paar Schuhe. In der Mühle ergattert er einen Mühlstein und fliegt schließlich zum Haus des Vaters zurück. Während er dem Vater die Goldkette und der Halbschwester die Schuhe zuwirft, erschlägt er die Stiefmutter mit dem Mühlstein, bevor er sich wieder in seine menschliche Gestalt verwandelt. Und so leben fortan Vater, Sohn und Tochter glücklich zusammen - wie das bei den Brüdern Grimm so üblich ist.

Der Legende zu Folge stammte das Holz für das Kreuz von Christus vom Wacholder und in einigen Regionen war man davon überzeugt, dass er vom Wacholder zum Himmel aufstieg. Zu diesen Annahmen kamen die damaligen Zeitgenossen aufgrund der kreuzförmigen Verwachsungsstelle der Fruchtblätter, die auf den Beeren erkennbar ist.

Mögliche Wirkungen der Wacholderbeeren  (Juniperi fructus) und -knospen  (Juniperi gemma)

Seit der Antike wurde der Wacholder medizinisch genutzt. Dabei sah Dioskurides oder Hildegard von Bingen den Schwerpunkt eher in der Linderungen von Erkrankungen der Atemwege, während spätere Überlieferungen einen Einsatz bei Erkrankungen der Harnwege und zur Blutreinigung belegen. Man nahm sogar an, dass die Pflanze die Pest fernhalten könnte. Medizinisch werden heute die Beeren (Fructus) und die Knospen (Gemma) genutzt. Außerdem kann aus den Beeren Wacholderöl (Juniperi aetheroleum), ein ätherisches Öl, gewonnen werden. Sie erleichtern das Wasserlassen, Durchspülen die Harnwege und werden bei Verdauungsstörungen eingesetzt. Das Öl und die Knospen können ferner bei Schmerzen im Bewegungsapparat genutzt werden. Zusätzlich sollte man viel trinken. In der chinesischen Medizin wird er bei äußerer Wind-Kälte und Nässe verwendet sowie um Qi und Yang zu stärken sowie das Innere zu wärmen.

Bei Erkrankungen der Nieren, Schwangerschaft und Stillzeit sollte man auf den Wacholder verzichten. Ebenso wenig ist er für Kinder und Jugendliche geeignet, da Daten zur Unbedenklichkeit fehlen. Wacholder kann allergische Reaktionen verursachen und sollte dann ebenfalls gemieden werden. Auch von einer Daueranwendung wird abgeraten.

Quellen
    • https://arzneipflanzenlexikon.info
    • https://www.therapeutika.ch
    • Monographie der europäischen Arzneimittelbehörde EMA
    • Wala Heilpflanzenlexikon
    • S. Bäumler, Heilpflanzenpraxis heute. München 2007
    • C. Stern, Gemmotherapie. Stuttgart 2019

Bitte beachten Sie: Diese Behandlungen mit Kräutern gehören zu den wissenschaftlich / schulmedizinisch nicht anerkannten – den sogenannten naturheilkundlichen oder alternativmedizinischen - Heilverfahren. Bei anhaltenden oder zunehmenden Beschwerden sowie bezüglich möglicher Wechselwirkungen mit Medikamenten sprechen Sie bitte mit Ihrem behandelnden Arzt!