Hafer (Avena sativa)
Der Hafer (Avena sativa) ist nicht nur von medizinischer Bedeutung, sondern auch ein wertvolles Nahrungsmittel. Dabei kann der hohe Nährwert des Getreides eine Behandlung im Einzelfall unter Umständen erheblich unterstützen. So werden bei Diabetes etwa Hafertage empfohlen, um die Blutzuckerwerte zu verbessern. Ebenso kann die Haferkleie zur Senkung der Blutzuckerwerte beitragen. Auch der Cholesterinspiegel kann günstig beeinflusst werden. Zudem wirkt die Kleie leicht abführend.
Der botanische Name "Avena" geht auf die Römer zurück, die den Hafer nur als Viehfutter benutzten. Im Sanskrit bedeutet "avasa" Nahrung. Hafer wird seit der Bronzezeit in Mitteleuropa angebaut. Der lateinische Namenszusatz "sativa" bedeutet angepflanzt - doch man sieht den Hafer auch auf Wiesen wild wachsend.
Die Pflanze gehört zu den Süßgräsern (Poaceae) und wird bis zu eineinhalb Meter groß. Das sogenannte Rispengras ist mit dem Weizen, der Kriechquecke und der Heublume verwandt. Zweizeilig angeordnete Blätter umschließen den Halm. Die einzelnen Blattspreiten, so bezeichnet man die eigentlich Blattfläche, sind fünfundvierzig Zentimeter lang und fünf bis fünfzehn Zentimeter breit. Aus der Blattscheide entwickelt sich der fünfzehn bis dreißig Zentimeter lange, rispenförmige Blütenstand mit seinen waagrecht stehenden Ästen und den nach unten geneigten Blüten an den zwei bis drei Zentimeter langen Ähren. An jeder Ähre befinden sich zwei bis drei Blüten, aus denen sich die gefurchten Hafersamen entwickeln. Neben den Haferfrüchten und der Kleie werden vor allem das grüne Haferkraut und das Stroh medizinisch genutzt.
Legenden und Historisches rund um den Hafer
Der Hafer war nicht nur Pferde- und Hühnerfutter, er sollte in England beispielsweise auch das Vieh vor Krankheiten schützen. Daher legten die Bauern zur Weihnachtszeit Haferbüschel aus, die idealerweise mit Tau benässt wurden, um den Schutz zu verbessern.
Ferner hatte er prophetische Aufgaben. So warfen jünge Männer auf junge Frauen am 26. Dezember, dem Stefanstag, Haferkörnern. um zu sehen wie viele Haferkörner an den Damen hängen blieben. Denn je mehr es waren, desto größer sollte ihr künftiger Kindersegen sein. Auch Brautleute wurden deshalb mit Hafer beworfen. Zusätzlich stellte man auf den Brauttisch eine Schale Wasser mit Haferkörnern. Gingen sie unter, stand die Ehe unter einem schlechten Ohmen. Wie viele Menschen wohl kurz vorher "ja" gesagt hatten und dies auch ohne den Hafer schon ahnten?
Mögliche Wirkungen des grünen Haferkrauts (Avenae herba) und von Haferstroh (Avenae stramentum)
Das Haferkraut (Avenae herba) lindert der Erfahrungsmedizin zu Folge Unruhe, Nervosität und Schlafstörungen. Stressbedingte Ängste und Spannungszustände können insbesondere bei Kombination mit ähnlich wirkenden Arzneipflanzen nachlassen. Darüber hinaus stärkt er das Bindegewebe und wirkt aufbauend bei entkräfteten Patienten. Hierzu wird eine Tasse Tee für Erwachsene mit einem Teelöffel des getrockneten Krauts mit kochendem Wasser überbrüht und 10 Minuten abgedeckt ziehen gelassen.
In der chinesischen Medizin wird das Haferkraut als befeuchtendes Yin- und Blut-Tonikum geschätzt, das darüber hinaus das oft als Energie übersetzte Qi tonisiert und nährt. Gleichzeit beruhigt er den geistigen Aspekt Shen.
Rhythmisch schwingen die Ähren des Hafers im Wind. Hafer hilft Menschen, die aus dem Rhythmus geraten sind, die sich getrieben fühlen von den Anforderungen, die von außen auf die sie einströmen. Sie können ihren eigenen Rhythmus mit Hilfe des Haferkrauts wieder finden. Den Rhythmus gibt aus Sicht der chinesischen Medizin die Lunge vor, das Yin Organ der Wandlungsphase Metall, der die Haut zugeordnet ist.
Negativer Stress kann den freien Fluss von Qi blockieren, den die Leber, das Yin-Organ der Wandlungsphase Holz, aufrecht halten will. Dann zeigt sich mitunter Hitze in der Leber oder im Herzen. Letzteres ist das Yin-Organ der Wandlungsphase Feuer, das eigentlich ruhig sein sollte, damit der Geist Shen zur Ruhe kommt. Unruhe, Nervosität und Schlafstörungen sowie Herzklopfen sind mögliche Folgen. Die Betroffenen fühlen sich von den Anforderungen im Alltag getrieben und leiden, weil sie nicht mehr in ihrem individuellen Rhythmus leben können. Hafer bringt Metall, einer nach innen und unten gerichteten Enerige, und Holz, der nach oben und außen orientierten Energie, in Einklang.
Daran knüpft auch die Bachblüte "Wild Oat", die sogenannte Berufungsblüte, an. Sie hilft Menschen, die unzufrieden sind, weil sie vergeblich auf der Suche nach ihrer persönlichen Richtung und ihren Lebenszielen sind.
Ein wässriger Auszug des Haferstrohs (Avenae stramentum) kann dagegen bei trockenen Hauterkrankungen und Juckreiz als Badezusatz angewendet werden. Zur Herstellung des Auszugs werden 100 g Stroh mit einem Liter siedendem Wasser übergossen und mindestens 10 Minuten ziehen gelassen, bevor dieser dem Bad zugegeben wird. Das Bad kann beruhigend auf die Haut wirken.
Bei Unverträglichkeit sollte auf die Anwendung von Hafer verzichtet werden. Die Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen kann beeinträchtigt sein, insbesondere wenn Hafer mit beruhigend wirkenden Medikamenten kombiniert wird. Die Wirkung Blutdrucksenkern, Lipidsenkern und Antidiabetika kann verstärkt werden. Bei letztern besteht daher in Kombination mit einigen Arzneistoffen ein erhöhtes Risiko für eine Unterzuckerung. Diabetiker sollten daher bei gemeinsamer Anwendung ihren Blutzuckerspiegel regelmäßig kontrollieren und für Notfälle Traubenzucker mit sich führen.
Kinder und Jugendliche jeden Alters, Schwangere und stillende Mütter sollten Arzneipflanzen nur nach Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt anwenden und auch die Dosierung mit ihm absprechen.
Quellen:
• http://www.arzneipflanzenlexikon.info
• http://www.ema.europa.eu
• https://www.phytodoc.de
• https://www.therapeutika.ch
• https://www.heilpflanzen-atlas.de
• https://www.walaarzneimittel.de
• Kalbermatten R. & H. Pflanzliche Urtinkturen. Baden und München 2011
Bitte beachten Sie: Diese Behandlungen mit Kräutern gehören zu den wissenschaftlich / schulmedizinisch nicht anerkannten – den sogenannten naturheilkundlichen oder alternativmedizinischen - Heilverfahren. Bei anhaltenden oder zunehmenden Beschwerden sowie bezüglich möglicher Wechselwirkungen mit Medikamenten sprechen Sie bitte mit Ihrem behandelnden Arzt!